Steuerungs- und Anreizsysteme

Rahmenbedingungen

Steuerungssysteme als Teil der Governance bilden das Instrumentarium des Managements zur Umsetzung und Kontrolle der Umsetzung der Unternehmensziele. Sie lassen sich nach dem Zeithorizont in kurz-, mittel- und langfristige Steuerung sowie nach dem Gegenstand in die strategische und operative Steuerung differenzieren.

Anreizsysteme stellen ein wesentliches Element der Steuerung im Hinblick auf die Verhaltensbeeinflussung der Mitarbeiter dar; wirksame Anreizsysteme sind Voraussetzung für die operative Steuerung durch die Führungskräfte. Vergütungssysteme als Spezialausprägung der Anreizsysteme bilden die Grundlage für die gehaltliche Einstufung der Mitarbeiter, die Leistungsbewertung und die Höhe variabler Vergütungsbestandteile und haben damit unternehmensweit eine zentrale Bedeutung – also weit über reine Vertriebsvergütungssysteme hinaus.

Die Aufsicht erwartet zunächst von der Geschäftsleitung als selbstverständlichen Teil eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes das Vorhandensein wirksamer Steuerungssysteme. Vergütungssysteme spielen seit der Wahrnehmung, dass Fehlanreize für Risikoentscheider zu unangemessener Risikonahme und damit wesentlich zu vergangenen Finanzkrisen beigetragen haben, eine besondere Rolle für die Aufsicht, die sich in spezifischen Regelungen wie insbesondere der Institutsvergütungsverordnung niedergeschlagen hat. Die Einschränkung der individuellen Vertragsfreiheit und selbst die Verpflichtung der Institute, rückwirkend in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen, macht diese besondere Bedeutung sichtbar.

Anforderungen

Die vom Gesetzgeber und der Aufsicht formulierten Anforderungen an Steuerungs- und Anreizsysteme finden sich an mehreren Stellen und bewegen sich auf sehr unterschiedlichen Ebenen.

Generelle Anforderungen, die sich primär in den Dokumenten des BCBS und darauf folgend in den MaRisk wiederfinden, spiegeln die Erwartung der Aufsicht an eine wirksame Führung wider, im Regelfall ohne konkrete Gestaltungsentscheidungen vorwegzunehmen, so dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in vollem Umfang greift.

Im Kontext der Funktionstrennung, insbesondere zwischen Markt und Marktfolge, werden bereits deutlich konkretere Vorschriften formuliert, um sicherzustellen dass die Risikoentscheidung nicht durch vertriebliche Interessen dominiert wird.

Im Rahmen der Institutsvergütungsverordnung, zu der nach langer kontroverser Diskussion seit Anfang 2018 detaillierte Auslegungshilfen vorliegen, werden sehr genaue Vorschriften zur Identifikation von Risikoträgern, aber auch zu Inhalten von Vertriebsvergütungssystemen formuliert. Insbesondere letztere spiegeln die Befürchtung der Aufsicht wieder, dass eine ausschließliche Incentivierung kurzfristiger (Vertriebs-) Erfolge der langfristigen Stabilität des Geschäftsmodells zuwiderläuft. Die Claw-Back-Regelungen, für deren Implementierung oftmals in bestehende Arbeitsverträge eingegriffen werden musste, dehnen dieses Misstrauen ausdrücklich auf die Top-Management-Ebene aus.

Eine genaue Betrachtung der Steuerungs- und Anreizsysteme ist damit sowohl im Hinblick auf eine wirksame Unterstützung der Unternehmensstrategie als auch im Hinblick auf die für das jeweilige Institut anzuwendenden Einzelregelungen wie etwa im Rahmen der Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion für Wertpapierdienstleistungsinstitute geboten.

Prüfungsgegenstand

Unsere Prüfungen zu Steuerungs- und Anreizsystemen umfassen im Regelfall:

  • Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Steuerungs- und Anreizsysteme, insbesondere Einhaltung der Institutsvergütungsverordnung sowie anderer für das Institut geltender Vorschriften, ausgehend von bereits vorliegenden internen und externen Prüfergebnissen;
  • Konsistenz der Zielhierarchie von den strategischen Unternehmenszielen zu Zielsystemen für die Mitarbeiter;
  • Konsistenz zwischen Steuerungs- und Anreizsytemen, der Risikostrategie sowie der Führungs- und Risikokultur;
  • Art und Wirksamkeit der Überführung in operative Prozesse und Instrumente, insbesondere Zielvereinbarungsprozesse und variable Vergütung.