Anweisungswesen und schriftlich fixierte Ordnung

Rahmenbedingungen

Als selbstverständliches Element einer ordungsgemäßen Geschäftsorganisation sind wesentliche Regelungen und Abläufe so niederzulegen, dass den damit beauftragten Mitarbeitern sowohl eine Einhaltung als auch im Nachgang eine Prüfung der Einhaltung möglich ist. Das Anweisungswesen ist ein wichtiges Instrument der Geschäftsleitung, der Führungsverantwortung sowohl in der strategischen Steuerung als auch im Tagesgeschäft nachzukommen.

Daher ist wenig überraschend, dass gerade bei Finanzdienstleistern als Unternehmen mit hoher Struktur- und Prozesskomplexität die „schriftlich fixierte Ordnung“ (sfO) außerordentlichen Stellenwert genießt und entsprechend umfangreich ist.

Anforderungen

Obwohl bisweilen eher genutzt, um die Erfüllung regulatorischer Anforderungen formal zu dokumentieren, ist die sfO im Kern ein operatives Arbeitsmittel für die im Prozess tätigen Mitarbeiter und sollte in dafür geeigneter Form aufgesetzt sein. Dazu zählen insbesondere

  • jederzeitige Aktualität;
  • jederzeitiger, einfacher Zugriff auf alle relevanten Regelungen am Arbeitsplatz;
  • Praktikabilität im Sinne von tatsächlicher Nutzbarkeit und Prozessunterstützung.

Die Anforderung nach Aktualität und Zugriff hat regelmäßig zur Veröffentlichung von Arbeitsanweisungen, Handbüchern etc. in elektronischer Form z.B. über das Intranet geführt. Die dahinter liegenden Redaktions- und Veröffentlichungsprozesse unterscheiden sich zwischen den Instituten; oftmals wird jedoch eine zentrale Stelle, typischerweise im Bereich Organisation, mit der Gesamtverantwortung betraut. Durch Zielgruppendefinition sollen zum einen alle für einen Mitarbeiter relevanten Dokumente vollständig bereitgestellt werden, zum anderen aber der Zugriff auf vertrauliche bzw. nur für bestimmte Funktionen benötigte Dokumente wirksam verhindert werden.

Die in der Praxis deutlich größere Herausforderung ist die Praktikabilität. Ergebnis eines detaillierten, zentral verantworteten Anweisungswesens ist oftmals eine kaum noch beherrschbare Vielfalt von nur teilweise aufeinander abgestimmten Einzeldokumenten; bei Einsatz standardisierter, aus der IT-Entwicklung stammender Prozessdokumentationsinstrumente besteht zudem die Gefahr einer für viele Mitarbeiter kaum nachvollziehbaren Darstellung.

Ergebnis ist oftmals das Vorhandensein, aber in weiten Teilen Nicht-Kennen und/oder Nicht-Beachtetwerden von Arbeitsanweisungen. Komplexe und umfangreiche Darstellungen führen zudem oft zur Entstehung paralleler und individueller Praxis-Dokumentationen („Spickzettel“ u.ä.), deren inhaltliche Qualität und Aktualität außerhalb des zentral gesteuerten Anweisungswesens jedoch nicht sichergestellt werden kann.

Unter dem Aspekt der Risiko- und Führungskultur sinkt mit steigendem Umfang und Detaillierungsgrad des Anweisungswesens zugleich die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter („Entmündigung“). Das „Überschütten“ der Mitarbeiter mit kaum noch beherrschbaren Dokumentationsumfängen mag die Führungskräfte formal entlasten, trägt jedoch nicht zu einer wirksamen Governance bei und verträgt sich nicht mit einem eventuellen Führungs- und Entscheidungsverständnis, das auf Eigenverantwortung der Mitarbeiter setzt.

Herausforderung im Anweisungswesen ist daher die Balance aus „so viel wie nötig“, „so wenig wie möglich“ und „so einfach wie möglich“. Oftmals hat eine bewusste Reduzierung von Anweisungen auf wesentliche Regelungen in Form von „Grundprinzipien“ und Entscheidungsregeln in Verbindung mit Anpassung der Kompetenzordnung und gezielter Weiterbildung der Mitarbeiter eine erhebliche Effizienz- und Effektivitätssteigerung zur Folge. Ergänzend empfiehlt sich eine kritische Überprüfung von Darstellung und Formulierungen auf Praxis- und Zielgruppentauglichkeit.

Prüfungsgegenstand

Unsere Prüfungen zum Anweisungswesen und zur schriftlich fixierten Ordnung umfassen im Regelfall:

  • Ordnungsmäßigkeit des Anweisungswesens (Prozesse, Instrumente, Verantwortlichkeiten), ausgehend von bereits vorliegenden internen und externen Prüfergebnissen;
  • Aktualität und Verfügbarkeit für die betroffenen Mitarbeiter;
  • Nutzerfreundlichkeit (Zugriff, Lesbarkeit, praktische Nutzbarkeit);
  • Praktische Nutzung, insbesondere Existenz von Parallel-Dokumentationen und Hilfsmitteln;
  • Konsistenz zur formulierten Führungs- und Risikokultur und zur Erwartung an das Arbeits- und Entscheidungsverhalten der Mitarbeiter.